WordPress hat eine Philosophie – da finden sich einige interessante Leitlinien. WordPress soll zum Beispiel nur dann etwas umsetzen, wenn mindestens 80% es am Ende auch nutzen. Die Entwicklerinnen sollen nicht auf eine laute Minderheit von Entwicklern hören, sondern sich an der Mehrheit der Endnutzerinnen orientieren. Aber woher wissen wir, ob ein Feature diesen Ansprüchen genügt, oder nicht? Der Text schlägt vor, diese Erkenntnisse durch einzelne Befragungen bei WordCamps zu finden. Also eine Interpolation basierend auf einem Mini-Sample. Ob das so sinnvoll ist?

Morten Rand-Hendriksen hat versucht die Idee einer anonymen Datenerhebung (Telemetrie) einzubringen, aber das Ticket wurde von Matt Mullenweg höchstpersönlich geschlossen, da es nicht zu den drei Themenschwerpunkten (Editor, Customizer und REST API) gehört. Eine merkwürdige Reaktion, wenn wir bedenken, dass es somit nur qualitative Einschätzungen, aber keine belastbaren Zahlen über die Nutzung von WordPress gibt. Bis auf die Daten von WordPress.com, die als Geschäftsgeheimnis nur Matt und Automattic vorbehalten sind und die aufgrund der Natur von WordPress.com sicher mehr in Richtung Blognutzung tendieren dürften.

Halten wir also fest: Die Entwicklerinnen sollen sich an das Gros der Community halten, wissen aber gar nicht, wer oder was diese Community ist und was sie will. Da hilft es wenig, dass auf der WordPress.org-Website zu finden ist: „Everything you see here, from the documentation to the code itself, was created by and for the community.“

Von der Community für die Community. Das klingt jetzt auch eher nach einer rekursiven Definition, aber es geht noch weiter: Mit der Community kann Kontakt aufgenommen werden: Im Forum, in Mailinglisten und bei WordCamps. Der Text ist offensichtlich nicht mehr ganz aktuell, da dort noch nicht Meetups auftauchen. Und es werden Mailinglisten, aber kein Slack erwähnt …

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Versuchen wir es also mal anders. Die WordPress-Community organisiert sich ja in den verschiedensten Make-Blogs. Ein Bereich heißt explizit „Community“. Die werden doch eine Definition haben, was diese Community eigentlich ist, oder nicht? Doch die Beschreibung zeigt ein anderes Bild:
„This team oversees official events, mentorship programs, diversity initiatives, contributor outreach, and other ways of growing our community.” Es geht also um Events, Mentorenschaft, Diversität und das Vergrößern der Community. Eine Definition, wer oder was die Community selbst ist, suche ich aber auch hier vergebens.

Die Community nutzt ja neuerdings Slack, heißt es. Dafür gibt es eine eigene Landingpage. Und hier wird es das erste Mal richtig konkret:
„Slack communication is used for contributing to the WordPress project, be it code, design, documentation, etc.“

https://twitter.com/kaffeeringe/status/891983952013078528

Aha! Hier diskutieren also nur diejenigen, die sich auch einbringen. Aber ist das dann überhaupt die Community? Oder nur ein Teilbereich?

Die WordPress-Foundation hat als Claim „Supporting the WordPress community since 2010.“ – dann wird sie ja sicher wissen, wer oder was die Community eigentlich ist, oder? Aber auf der Website findet sich leider keine Definition. Nur eine Philosophie, die sich etwas kürzer liest als die auf der WordPress.org-Website.

Die typischen vier Freiheiten der GPL …

  1. The software should be licensed under the GNU Public License.
  2. The software should be freely available to anyone to use for any purpose, and without permission.
  3. The software should be open to modifications.
  4. Any modifications should be freely distributable at no cost and without permission from its creators.

… wurden noch um folgende zwei Ziele erweitert:

  1. The software should provide a framework for translation to make it globally accessible to speakers of all languages.
  2. The software should provide a framework for extensions so modifications and enhancements can be made without modifying core code.

WordPress soll also übersetzbar sein und ein Plugin-System anbieten, so dass niemand durch die Sprache ausgeschlossen wird und es sollten keine Änderungen am Core nötig sein.

https://twitter.com/obstschale/status/892766372744310785

Dem Ziel einer Community-Definition sind wir somit aber immer noch nicht näher gekommen. Vielleicht gehen wir die Sache von einem anderen Blickwinkel an. Automattic, die Firma hinter WordPress.com, gegründet von Matt Mullenweg, ist ein großer Sponsor von Tätigkeiten an der Open-Source-Software WordPress(.org) und sucht gerade einen Community-Wrangler. Die Job-Beschreibung klingt dann so:

„Community Wranglers provide support and guidance to those who contribute by creating educational WordPress events (WordCamps, Meetups, do_action events, hackathons, etc).” Die Beschreibung liest sich höchst interessant. Die Aufgaben sind klar gesteckt: Finde freiwillige Helfer und unterstütze sie, damit sie möglichst lange und viel mitarbeiten. Nach dieser Recherche habe ich immer noch das Gefühl, dass niemand wirklich sagen kann, wer oder was die Community eigentlich ist. Viel zu häufig wird die eigene Meinung oder das eigene Interesse hinter „der Community“ und ihrem angeblichen Willen versteckt.

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Ja, ein Austausch zwischen Entwicklerinnen, Designern und Nutzerinnen (und jedem anderen Beteiligten ebenfalls) ist sinnvoll, um die anderen Teilbereiche besser zu verstehen. Da helfen WordCamps und dort insbesondere die Contributor Days. Aber darüber hinaus ist „die Community“ eine Black Box, die viel zu häufig instrumentalisiert wird. Anonym erhobene Daten würden helfen, um tatsächlich herauszufinden, was „die Community“ will. Aber was passiert, wenn die Daten nicht zu den Wünschen der Entscheider passen? Sind sie vielleicht deshalb nicht eingerichtet worden? Ein echtes Argument gegen die Erhebung von anonymen Nutzungsdaten ist Matt auf jeden Fall schuldig geblieben.

Für unsere Kommunikation würde ich mir wünschen, wenn wir nicht mehr von „der Community“ sprechen. Außer wir meinen wirklich alle (potentiellen) Nutzer der Software ohne irgendeine Einschränkung.

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In den meisten Fällen sollte differenziert werden, was genau gemeint ist:
Die Theme-Entwicklerinnen-Community, die Plugin-Entwicklerinnen-Community, die PHP-Entwicklerinnen-Community oder generell alle Entwicklerinnen? Oder die Contributor-Community, also alle, die an WordPress mitarbeiten, sei es ein Meetup zu organisieren, eine Forenfrage zu beantworten oder Leitende Entwicklerin zu sein.

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Unsere Sprache so anzupassen und zu konkretisieren, hilft uns enorm dabei niemanden auszugrenzen oder zu vereinnahmen. Beides ist verkehrt und sollte vermieden werden.

Wer sich nun aufmachen möchte, ein Teil dieser Community zu werden (in diesem Fall meine ich wirklich alle), der startet am besten bei einem Meetup in der Nähe. Wenn es das noch nicht gibt, dann startet eins. Mehr als einen Tisch in einem Café und ein paar Gleichgesinnte braucht es nicht am Anfang. Neulinge in der Community ohne Vorurteile zu begrüßen und Wissen gerne zu teilen ist im Sinne des Open-Source-Gedanken, der WordPress antreibt und der es wert ist, weitergetragen zu werden.