Vorab: Wenn ich heute von AMP spreche, dürfen auch Ansätze wie der von Facebook mit Instant Articles nicht vernachlässigt werden. Das Konzept ist in beiden Fällen das gleiche: Inhalte sollen aus dem freien Internet auf die geschlossenen Plattformen der Internet-Giganten wandern.
Das Versprechen der Anbieter ist eine schnellere Auslieferung der Beiträge (Stichwort: Ladezeiten) und Monetarisierbarkeit aktuell durch Anzeigen.

Die Technik hinter AMP

Werfen wir einen Blick in die Dokumentation, so stellen wir schnell fest, dass AMP nicht anderes ist, als ein etwas eingekochtes HTML. Die Anzahl der verfügbaren Tags ist etwas geringer, die Nutzung von CSS und JavaScript eingeschränkt.

In einigen Fällen sehen Tags etwas anders aus, als wir es von HTML gewohnt sind. So wird aus

<img src="welcome.jpg" alt="Welcome" height="400" width="800"></img>Code-Sprache: HTML, XML (xml)

In der AMP-Version folgendes:

<amp-img src="welcome.jpg" alt="Welcome" height="400" width="800"></amp-img>Code-Sprache: HTML, XML (xml)

Unterm Strich aber keine höhere Magie. Dennoch gibt es zwei einfache Gründe, aus denen AMP-Seiten sehr viel schneller laden als herkömmliche WordPress-Themes oder Websites:

  1. Google speichert AMP-Dokumente auf ihren eigenen Servern zwischen
  2. Die meisten herkömmlichen Websites sind einfach verdammt überladen

Die Unterschiede was ausgelieferte Dateigrößen angeht, sind bei ordentlich konfigurierten Websites und deren AMP-Gegenstücken minimal. So ist dieser Artikel in der Standardansicht 580KB groß. Die AMP-Version ist nur wenige KB kleiner – ein Effekt der vor allem auf das Fehlen einiger JavaScript-Dateien zurückzuführen ist.

WordPress mit AMP-Support auszustatten ist dank eines von Automattic entwickelten Plugins denkbar einfach. Das Plugin ist wegen seiner Erweiterbarkeit durchaus sehenswert und für alle Entwicklerinnen und Entwickler sicherlich einen genaueren Blick wert – ich für meinen Teil hatte großen Spaß beim Basteln.

AMP als Gefahr für das freie Internet?

Mit solchen Aussagen tue ich mich schwer. Es ist schließlich immer einfach, den Teufel an die Wand zu malen. Gehen wir also kurz auf die Vor- und Nachteile von AMP ein.

Die Tatsache, dass sich auf vielen Seiten deutliche Geschwindigkeitszuwächse erzielen lassen habe ich ja bereits beschrieben. Wir erinnern uns aber weiterhin daran, dass wir einen Großteil dieses Effekts auch ohne AMP und mit gesundem Menschenverstand sowie etwas handwerklichem Geschick in Webdesign und -entwicklung erzielen können.

Nicht so einfach zu entkräften ist die aktuell sehr prominente Darstellung in den Google-Suchergebnissen (auf Mobilgeräten). Hier werden aktuelle Suchergebnisse als eine Art Karussell ausgegeben. Nun ja… manche Suchergebnisse werden so ausgegeben.

Links: Google Ergebnisse mit AMP-Karussell.
Rechts: Google Ergebnisse ohne Karussell (obwohl AMP-Versionen verfügbar sind).

Dem gegenüber stehen eine ganze Reihe von Einschränkungen. Diese Einschränkungen dienen meist der Geschwindigkeitsoptimierung, führen aber auch dazu, dass wir im Funktionsumfang de fac­to einen Rückschritt auf ältere HTML- und CSS-Versionen erleben.

AMP wird als offener Standard beworben. Der Einfluss von Google und einiger anderer großen Konzernen ist aber unbestreitbar. So gibt es zum Beispiel – anders als in HTML – eine ganze Reihe von AMP-Tags, die speziell für einzelne Unternehmen und Dienste genutzt werden. Von amp-instagram über amp-twitter und amp-pinterest bis hin zu amp-hulu. Wo ich mein amp-presswerk oder amp-krautpress herbekomme ist mir noch nicht klar – genau so wenig wie die Frage nach dem Warum. HTML ist tatsächlich ein offener Standard. Hier können Bilder von Instagram, Flickr und meiner eigenen Website gleichberechtigt als <img> eingebunden werden.

Fazit

Jetzt bleibt zum Schluss noch die Frage zu beantworten, die ich eingangs gestellt habe. Ist AMP die Zukunft? und wenn ja: ist das schlimm?
Wenn man Joost de Valk Glauben schenken möchte, dann sieht die Zukunft so aus:

Click here to display content from Twitter.
Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von Twitter.

Und wenn Google will, dann hat es definitiv die Marktmacht, AMP weiter durchzudrücken. (Ohne diese Marktmacht wäre vermutlich auch niemand auf Google+.)
Gleichzeitig ist in meinen vorherigen Ausführungen hoffentlich klar geworden, dass AMP in der Tat tatsächlich eine Gefahr für das offene Internet darstellt, weil es große Konzerne weiter bevorzugt.
Über das Ausliefern von AMP-Versionen auf der eigenen Website muss letzten Endes jede/r selbst entscheiden.

Respice Finem.

12 Kommentare zu “Ist AMP die Zukunft?

  1. Hallo Simon,

    alles was monopolisiert ist eine Gefahr. Gutes Beispiel dafür ist Amazon. Immer mehr Versandhandel und auch Geschäfte segnen das Zeitige.

    Erst locken die günstigen Preise, oder bei AMP die Geschwindigkeit und bevorzugtes Ranking, doch am Ende wird teuer abkassiert und mit genügend Marktanteil die Richtung bestimmt.

    Danke für den kritischen Beitrag.

  2. Ich persönlich sehe es wie Angelika. Man hat in der Vergangenheit, auch bei Google gesehen, wohin es gehen kann: zuerst wird mit der Möhre (bessere Reichweite, mehr Infos etc.) geködert und dann wird abkassiert.

    Zuletzt konnte man das dem Keyword Planer von Google sehen. Die Infos die früher dort allen registrierten Nutzern zur Verfügung standen, stehen dir jetzt nur zur Verfügung, wenn du ein sehr hohes Budget hast.

    Ja, AMP & Co. ist eine Gefahr für das freie Web.

  3. Für die Akten: Auch ich finde AMP hochgradig beunruhigend und fürchterlich überflüssig. Aber um mal eine mögliche Position zu skizzieren, die so deswegen noch lange nicht meine sein muss:

    Die Offenheit eines offenen Web hat Millionen von adipösen Webseiten ermöglicht. Deren Volumen verursacht nicht nur Probleme für diejenigen, die sie betreiben (Konversion), und für diejenigen, die sie benutzen wollen (Performance), sondern auch für die Infrastruktur des Internets insgesamt (Bandbreite) und letztlich für den Lebensraum Erde (erhöhter Verbrauch von Energie aus fossilen Quellen).

    Alle fragwürdige Überlappung mit einem monopolbasierten Geschäftsmodell mal beiseite: Könnte es nicht irgendwie auch als begrüßenswert gesehen werden, wenn ein Gigant wie Google sagt: „Nee, Leute, das schauen wir uns jetzt nicht mehr länger mit an, was ihr da mit unser aller Ecosystem (sic!) anstellt. Wenn ihr nicht von alleine vernünftig werdet, dann schupsen wir euch jetzt eben zurück in vernünftige Maßstäbe.“

    Klar ist das moralisch/ethisch hoch problematisch. Leute zu ihrem Glück zwingen und so, nicht gut. Aber wenn viele dieser Leute eben ein gemeinsames System auf Kosten Aller übermäßig beanspruchen? (Und wir reden hier ja nicht von den kleinen Ich-und-du-Websites, die den größten Schaden verursachen.)

    Noch mal: Das ist nicht meine Position, zumindest nicht eindeutig. Ich bin, ehrlich gesagt, noch dabei zu verstehen, was da mit AMP überhaupt wirklich vor sich geht.

    • Nee. Google verteidigt nicht das Internet mit AMP. Es hat eine neue Facette in seinem Geschäftsmodell gefunden.

      Alle reden von guter Performance. Wollen alle haben. Aber wie viele Webdesigner können das wirklich umsetzen? Ganz wenige. Dass viele Kunden am Liebsten etwas haben möchten, das hüpft und blinkt, macht’s nicht leichter. Überladene Themes verkaufen sich nicht zuletzt deshalb so gut, weil die Nachfrag dafür so groß ist.

      Ich fürchte, die Kunden und Anbieter, die sich in diesem Markt bewegen, werden AMP begeistert annehmen. Jede noch so vollgestopfte Seite wird damit automatisch „performance-optimiert“. Und für’s Ranking kriegt man noch einen Bonus oben drauf. Ist das nicht toll?

      Nicht missverstehen, ich finde das Konzept furchtbar. Aber es wird funktionieren. Einfach weil es so viele schlecht gemachte Seiten gibt.

    • Um der Welt im Allgemeinen und dem Internet im Besonderen etwas Gutes tun, braucht Google kein AMP. Dazu müsste Google nur die Ladezeiten stärker als Ranking-Kriterium gewichten. Dazu braucht es kein AMP. Nein: Google will sein (Fast-) Monopol weiterentwickeln. Es geht um die Hoheit über Online-Inhalte.

      • Ich denke auch das Jörg den richtigen Punkt bringt.
        Wenn es Google wirklich um die Belohnung von schnellen Websites gehen würde, könnte der Index entsprechend angepasst werden.

        Und mit den Infos aus OG-Tags und co. lassen sich auch passende Bilder und Snippets fürs Karussell auslesen.

        Kein Move in Richtung besseres offeneres Web.
        Eher die Kopie von FB-Instant-Articles um auch Inhalte zu bekommen.

  4. Dagegen. Ich finde es überflüssig. Ist doch jedem selbst überlassen, ob er seine Seite optimiert, oder in Kauf nimmt, dass sie langsamer ist. Als ich AMP vor einigen Monaten getestet habe, konnte man Artikel nicht kommentieren. Allein das ist für mich ein KO-Kriterium. Ich weiß aber nicht, ob das noch gilt. Wie auch immer: Ich werde AMP nicht verwenden.

    Jörn

    • Hej Jörn,
      tatsächlich ist in einem der neuesten Updates ein Button unter jedem Beitrag gelandet, der das Kommentieren ermöglicht.
      Das war wohl auch weniger AMP, als vielmehr dem WordPress-Plugin geschuldet.

      • Hi Simon,

        ah … Interessant. Danke für die Info. Das ist eine substanzielle Verbesserung. Erscheint der Kommentar dann nur auf der AMP-Seite, oder (auch?) direkt im Blog?

  5. Ich bin nur Laie aber mir sträuben sich die Nackenhaare wenn ich nur daran denke, was wir Google & Co. schon alles frei Haus liefern.

    Seht ihr beim AMP auch Datenschutzthemen?

    Mentions

  • User Avatar 💬 Performance Profiling und Natives AMP – WP Letter

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