Montag Nachmittag gaben die französische E-Mailing-Lösung MailPoet und das von Automattic geführte WooCommerce überraschend den Kauf von MailPoet bekannt. Doch warum ist MailPoet für WooCommerce interessant und was bedeutet der plötzliche Verkauf des populären Newsletter-Plugins für Anwenderinnen und Anwender?

Plugin und E-Mail-Zustellung

Klären wir zunächst, was genau es mit MailPoet auf sich hat. Kern des Angebots war zunächst ein Plugin, das mit dem Namen WYSIJA (What you See is just awesome) 2011 auf den Markt geworfen wurde.

Das besondere Alleinstellungsmerkmal gegenüber Mailchimp und Co war und ist bis heute, dass WYSIJA, das später gnädigerweise in MailPoet umbenannt wurde, die Verwaltung von Abonnentenlisten, das Erstellen neuer Newsletter und sogar den Versand besagter Newsletter lokal in der eigenen WordPress-Installation abfrühstücken konnte.

Das machte das Angebot interessant für Settings, in denen Gelegenheitsanwender/innen die vertraute Umgebung ihrer WordPress-Installation nicht verlassen sollten, um gelegentliche Newsletter zu produzieren. Die Integration in bestehende Blogs, mit regelmäßigen Update-Mails zu neuen Beiträgen, war einfach. Und natürlich hatte das Ganze einen gewissen Charm als datenschutzfreundliche Lösung, weil auf die Datenverarbeitung durch Drittanbieter grundsätzlich verzichtet werden konnte.

Gleichzeitig war der lokale E-Mail-Versand durch den jeweiligen WordPress-Server aber auch ein großer Hemmschuh für das weitere Wachstum des Plugins. Aus dieser Not heraus startete das Team um den MailPoet-Mitgründer Kim Gjerstad einen eigenen E-Mail-Sending-Service, der als (teils) kostenpflichtige, aber optionale Erweiterung des WordPress-Plugins verstanden werden kann.

Mit diesem Angebot ermöglicht MailPoet seinen Anwenderinnen und Anwendern auch den Versand größerer Mengen E-Mails und sorgt mit seinem Reputation-Management zusätzlich noch dafür, dass Abonnentenlisten aufgeräumt bleiben und die Server der User nicht auf Spam-Listen landen.

Nach Angaben von MailPoet war der MailPoet Sending Service zuletzt für die Zustellung von etwa 30 Millionen E-Mails pro Monat verantwortlich.

Transactional-E-Mail und E-Commerce

Neben dem Versand von Newslettern erschloss MailPoet im Laufe der Zeit den Bereich der Transactional-E-Mails für sich. Mit einem Klick können alle E-Mails mit MailPoet versendet werden, die WordPress im Tagesgeschäft versendet – Passwort-Resets, Kommentar-Benachrichtigungen, Kontaktformular-Anfragen und mehr.

Als Folge dieser Funktionserweiterung konnte sich Gjerstads Team auf eine spannende neue Zielgruppe konzentrieren: Online-Shop-Betreiber/innen. Eine Strategie, die sich nun ausgezahlt haben dürfte. Nach dem Kauf durch die Automattic-Tochter WooCommerce steht in der näheren Zukunft wohl eine tiefere Integration der verschiedenen WooCommerce-E-Mail-Funktionen von MailPoet in das Angebot von WooCommerce bevor und wird damit das Service-Angebot von Automattic in diesem Bereich weiter verstärken.

In Kims Ankündigung im MailPoet-Blog beruhigt der Gründer alle User, die das Plugin ohne WooCommerce einsetzen und erklärt, dass sowohl das Plugin als auch der Sending-Service weiterhin (und vorerst unverändert) zur Verfügung stehen werden.

Amerika und Europa

So weit so gut. Wäre da nicht der liebe Datenschutz. Wie bereits erwähnt ist das Plugin an sich datenschutztechnisch so unbedenklich wie Newsletter-Versand nur sein kann. Weil MailPoet bisher ein französisches Unternehmen war und in Frankreich die DSGVO ebenso präsent ist, wie hierzulande, gab es dank Auftragsverarbeitungsvertrag bisher auch keine Probleme. Mit dem Wechsel zu WooCommerce ist nun aber zumindest mittelfristig davon auszugehen, dass die Server, die für den E-Mail-Versand zuständig sind, nach Amerika abwandern und sich den Grundsätzen des europäischen Datenschutzes damit mehr oder weniger entziehen.

Dieser Schritt wäre für europäische Kundinnen und Kunden sicherlich ärgerlich, würde sich aber auf Linie mit anderen Automattic-Services wie Jetpack oder Akismet befinden, die in der Sache zwar sicherlich interessante Erweiterungen sind, in Europa aber schlicht und ergreifend die Realität der europäischen Datenschutzvorgaben ignorieren.

Ausblick und Alternativen

Dennoch muss wohl niemand übereilt die Zelte bei MailPoet abbrechen. Für Newsletter mit wenigen Empfängern, die direkt vom eigenen Webserver versendet werden, besteht vermutlich gar kein Handlungsbedarf. Hier läuft weiterhin alles lokal.

Größere Newsletter, die den MailPoet Sending Service einsetzen, sind auch nicht unbedingt direkt zum Wechsel gezwungen, zumal sich am Datenschutzniveau des Dienstes für den Moment erstmal noch nichts ändert.

Wer trotzdem auf Nummer sicher gehen möchte, kann im MailPoet-Plugin unter MailPoet / Einstellungen / „Senden mit“ alternative Versandmethoden auswählen. Neben einem eigenen SMTP-Server ist hier zum Beispiel Amazon SES auswählbar, das Stefan Kremer, der sich als Datenschutzexperte deutlich besser mit der Thematik auskennt als ich, in seinem Beitrag als „datenschutzfreundlichste“ nicht-selbstheostete Alternative unter denen in der Auswahl benennt, so lange der Frankfurter Endpunkt gewählt wird.

Der wichtige Vorteil dieses Vorgehens ist, dass das Plugin mit dem Newsletter-Editor und der (vielleicht) liebgewonnenen Listenverwaltung beibehalten werden kann. Wer sich grundsätzlich mit einem Plugin-Wechsel anfreunden kann, findet in Torsten Landsiedels Empfehlung auf Twitter vielleicht sein Glück. Torsten empfiehlt „The Newsletter Plugin„, das ich persönlich seit Jahren nicht mehr eingesetzt habe, aber definitiv einmal testen werde.

Dass die Kooperation zwischen WooCommerce und MailPoet einige interessante Dienste hervorbringen wird, halte ich für gesetzt. Ich bin mir aber auch ziemlich sicher, dass ich als europäischer Nutzer davon nicht sonderlich viel haben werden. Dem steht leider Automattics mangelndes Interesse am europäischen Datenschutz im Weg, das nicht nur reichlich aus der Zeit gefallen erscheint, sondern einem ansonsten innovativen Unternehmen auch wirklich schlecht zu Gesicht steht.