WordPress ist langsam und kann, wenn überhaupt, nur mit viel Glück und Sachverstand halbwegs flott betrieben werden. So verhält es sich zumindest, wenn man einem der hartnäckigsten Gerüchte glauben schenkt, die um das verbreitetste CMS der Welt dieser Tage im Umlauf sind.
Schauen wir uns also einmal an, wie schlimm es um WordPress wirklich bestellt ist.

Kurzer Exkurs zur Performance

Wenn wir von der Performance sprechen, geht es vereinfacht gesagt darum, wie schnell eine Website nach dem Aufruf durch einen Browser dargestellt wird. Dabei spielt die eigentliche Ladezeit tatsächlich fast eine nachrangige Rolle, weil wir inzwischen oft von einer gefühlten Ladezeit ausgehen. Websites sind in der Regel schneller, je weniger Daten übertragen werden und je weniger Rechenaufwand zur Darstellung des Inhalts nötig ist.

Je schneller eine Webseite (augenscheinlich) geladen wird, desto glücklicher sind sowohl die menschlichen Besucherinnen und Besucher, als auch Suchmaschinen wie Google. Wir Menschen ertragen es ganz schlecht, vor einem augenscheinlich untätigen Computer auf die Anzeige von Informationen zu warten. Dementsprechend eindrücklich messbar sind abspringende Besucher/innen auf langsamen Websites. Und für Besucherinnen und Besucher, die von exotischen Plätzen wie der Berliner U-Bahn oder den kleinen Dörfern in der Eifel auf eine langsame Website zugreifen und dabei nicht den Luxus von Zigtausender-DSL genießen, können wenige Sekunden Ladezeit schnell zu sehr vielen Sekunden oder sogar Minuten werden.
Für Suchmaschinen ist die Ladezeit deshalb ein Ranking-Faktor, der in die Sortierung der Suchergebnisse eingeht.

WordPress‘ grundlegendes Problem

Behalten wir das erst einmal im Hinterkopf, während wir uns anschauen, warum WordPress so erfolgreich ist. Nach fast 18 Jahren kontinuierlicher Weiterentwicklung unter der Prämisse „Democratize Publishing“ verzeichnet WordPress heute nahezu 40% Marktanteil. Und ich würde mich so weit aus dem Fenster lehnen zu sagen, dass dem ausgegebenen Motto durchaus gerecht wird.
Ohne große Technikkenntnisse kann jede und jeder dieser Tage eine eigene WordPress-Website einrichten. Auch bei billigen Hosting-Anbietern erledigen 1-Klick-Installer die Installation. Allzeit kostenlos verfügbare Plugins und Themes lassen sich im Interface mit wenigen Klicks installieren. Kenntnisse, die über das Bedienen eines Webbrowsers hinausgehen, sind nicht unbedingt erforderlich.

All diese (und viele weitere) Faktoren tragen enorm zum Erfolg von WordPress bei, sind aber auch die Basis verschiedener negativer Eindrücke rund um das ganze WP-Ökosystem. Die WordPress-Community, und damit meine ich in diesem Fall die Gesamtheit aller Menschen, die WordPress anwenden, ist deutlich bunter und deutlich diverser, als das bei den allermeisten anderen Content-Management-Systemen der Fall ist.

Weil die Einstiegshürden so viel geringer sind, finden sich in dieser Gruppe eben auch Menschen, die – anders als ich – echte Arbeit verrichten, analoge Hobbys haben und nicht den ganzen Tag jeder digitalen Sau, die durchs Dorf getrieben wird, hinterher rennen. Und durch die Werkzeuge, die von der „inneren“ WordPress-Community zur Verfügung gestellt werden, sind diese Menschen in der Lage, Websites zu bauen. Weitgehend unbeaufsichtigt.

Ähnlich wie bei den Herstellerangaben zum Verbrauch von Autos, verhält es sich in dieser Praxis also mit der Performance von WordPress-Websites. Die eine Messung erfolgt unter Optimalbedingungen bei perfekter, sachkundiger Bedienung, während die anderen aus einem Alltag kommen, der nicht dem Primat der Effizienz, sondern dem des geringsten Widerstands folgt.

Gute Seiten, schlechte Seiten

WordPress selbst ist nicht langsam. Auch wenn es im direkten Vergleich mit einer einfachen HTML-Seite etwas im Rückstand liegen würde (wie alle großen anderen Content-Management-Systeme auch). Die Vielzahl von Plugins und die Auswahl an kreativen aber selten optimalen Themes sind die Faktoren, die WordPress-Websites tatsächlich langsam machen.

Gepaart mit günstigem (≤5€/Monat) Hosting, vielen Bildern und schlecht strukturierten Inhalten können die Speedtest-Ergebnisse einzelner WordPress-Websites in der Tat verheerend ausfallen. Würden sie aber auch mit nahezu jedem anderen CMS, das keine ganz klaren Leitplanken zur Nutzung vorgibt. WordPress hat schlicht und ergreifend den Nachteil, vergleichsweise einfach bedienbar zu sein.

Während auch ich WordPress nicht unbedingt zum schnellsten CMS der Welt krönen würde, ist es also deutlich besser als sein Ruf. Und mit einem glücklichen (will heißen erfahrenen) Händchen bei der Konfiguration können auch WordPress-Websites schnell wie Hulle laden. Und da spreche ich noch nicht einmal von Caching.

Was lernen wir daraus?

Was ich damit auf keinen Fall sagen will ist: „Einsteiger/innen sollten die Finger von WordPress lassen.“ Ganz im Gegenteil. Ich möchte aber zu einem achtsameren Umgang aufrufen. Zum bedächtigen Plugin-Auswählen, zur besonnenen Wahl eines minimalen Themes und zum Besuch lokaler (oder digitaler) Meetups.
Die Antwort liegt fast nie in den ganz einfachen Lösungen wie All-in-One-Plugins oder Multipurpose-Themes. Aber jede/r kann mit etwas Arbeit ansehnliche Ergebnisse erreichen. Ähnlich wie beim Kochen erwarte ich von Niemandem 4-Sterne-Küche, aber etwas mehr als das Mikrowellen-Fertiggericht darf es schon sein, oder?